Acts 24

Text: Apostelgeschichte 24,1-23 Paulus wird vor dem Landpfleger Felix angeklagt, auf seine Verantwortung aber von demselben leidentlich gehalten. Wie viel ist schon in der Welt mit Schmeichelworten betrieben oder auch ausgerichtet worden. Es ist ein wunderbares Wechselgeschäft deswegen, bei dem die Großen die Schwachheiten des Kleineren zu ihren Absichten mißbrauchen, aber auch umgekehrt die Kleinen der Großen schwache Seite wissen, und dort beizukommen suchen. Da kann man herüber und hinüber viel aneinander verderben. Paulus ließ dergleichen Künste ferne von sich sein. Nach diesem in das Gemüt des Landpflegers gesuchten Eingang wollte der Redner schnell das wie schon ausgemacht einschieben, was doch noch den stärksten Beweis bedurfte, nämlich das Paulus Aufruhr errege. Weil es aber doch dergleichen unruhige Köpfe aus anderen Ursachen gab, so hofften sie damit des Landpflegers Gemüt zu entrüsten. - Doch springen sie bald davon ab auf das, was ihnen wegen Pauli Bekenntnis zum Evangelium Christi allermeist anlag. Sie nennen es mit dem verhaßten Namen: die Sekte der Nazarener. Paulus aber heißt es nachgehends mit seinem rechten Namen: Den Weg, nach welchem man GOtt zu dienen durch alle von ihm selbst herrührende Offenbarung angewiesen ist. Hieraus läßt sich noch heutigen Tages bestimmen, was Sekte und sektiererisch ist, nämlich wo ich auf das, was doch bloß von menschlichem Willen und Wahl herrührt, zu viel wert lege. Der Weg des Heils ist von GOtt vorgeschrieben, und wer an dem bleibt, was von GOtt Zeugnis hat, der wird vor Sektiererei bewahrt. Was Lysias dem Paulus für Schutz angedeihen ließ, das wollten sie heimlich als eine - ihrer Freiheit, ihn nach ihrem Gesetz zu richten, nachteilige Gewalt anschwärzen. Allein Lysias wird auch nicht versäumt haben, dem Landpfleger die Ihm bekannt gewordenen Bosheiten der Juden und ihres hohen Rats aufzudecken. So verläßt man sich in Manchem auf die Dunkelheit der Zeit, und bedenkt nicht, daß einem GOtt mit seinem alles entdeckenden Licht doch überall in den Weg tritt. - Seine Freiheit zum Reden braucht Paulus nicht nur zum Ablehnen der Beschuldigungen, sondern noch mehr ein gutes Zeugnis anzubringen, wie die Hoffnung des Zukünftigen an aller Religion das Kräftigste sei, und auch den stärksten Einfluß in die gegenwärtige Bewahrung des Gewissens habe. Gewissen wollen freilich Alle haben. Aber wo dem nicht durch das Wort GOttes und Hoffnung des Zukünftigen aufgeholfen wird, wo ihm nicht die Reinigung durch das Blut Christi widerfährt, und es nicht unter den Tröstungen und Zusprüchen vom Geist der Kraft behalten wird, wie bald verlöscht oft diese Leuchte in der Finsternis, wo man ihrer am besten benötigt wäre. So unrein fand sich wirklich auch Felix Gewissen. Von Pauli Unschuld, vom ganzen Gang bei der Predigt des Evangeliums nicht ohne alle Überzeugung, Lindigkeit an Paulus zu erweisen wirklich geneigt; nur aber andere darunter steckende Unlauterkeiten aus seinem Herzen hinauszuschaffen, nur aber der Wahrheit sich gegen Andere nachdrücklich annehmen, nicht gestärkt, das heißt ein unreines und damit in seiner ganzen Geschäftigkeit verhindertes Gewissen. Text: Apostelgeschichte 24,24-27 Bei einer namhaften Gelegenheit, da Felix den Paulus vom Glauben an Christum zu hören bekommt, offenbart sich sein Schalksauge, oder sein verunreinigter Gewissenszustand noch mehr. Weil die Menschen auch mit ihrem Hören allerlei Abwechslungen haben wollen, so kommt das Hörenwollen auch zuweilen an das Evangelium. Entweder um eine Weide für die natürlichen Sinne zu suchen, aus welchem Grund dort Herodes JEsum längst gerne gesehen hätte, oder oft auch um aus dem Evangelium etwas herauszunehmen, und sich daraus für den Brand seines Gewissens einen kühlenden Umschlag zu machen. So hört auch Mancher in der heutigen Zeit einen Zeugen der Wahrheit um den anderen, gehorcht aber eigentlich keinem, sondern möchte nur von Jedem etwas erschnappen, das zusammen einen für das Fleisch erträglichen Religionsbegriff austrüge. Paulus aber wandte seine Unterredung vom Glauben an Christum so, daß es zuletzt auf die im Gewissen so tief haftenden Wahrheiten von der Gerechtigkeit, Keuschheit und zukünftigem Gericht hinauskam. Das war freilich für einen Richter und für ein solches Paar, als Paulus da vor sich hatte, angreifend. Es kann und soll aber auch nicht anders sein. Wo göttliche Dinge recht behandelt werden, da muß das Innerste dadurch gerichtet werden. Was vor der klugen Welt zum Fehler angerechnet wird, hat vor GOtt ein desto bleibenderes Lob. - Erschrecken könnte ein guter Anfang werden. Aber es ist bedauerlich, wenn es dabei bleibt. Von der Drusilla wird nicht einmal ein solches Erschrecken gemeldet, entweder weil ihr, als einer Jüdin, die Wahrheit nimmer so ganz neu war, und durch frühere Untreue die weiche Seite ihres Gewissens schon wie zertreten war; oder weil dergleichen in ihrer Lust, Eitelkeit und Gefallsucht versunkene Weibsleute nicht einmal so viel Verstand und Achtsamkeit auf ein Wort GOttes mehr wenden, als ein um seiner Geschäfte willen doch immer noch an mehr Nachdenken gewöhnter Mann. Der Vorwand mit welchem sich Felix von der Wahrheit und ihrer ersten Wirkung an seinem Herzen loskomplimentiert, ist höflich, beweist aber doch ein sehr falsches Herz. Gelegenere Zeit ist wohl nicht mehr gekommen, als die gegenwärtige gewesen wäre. So steckt sich noch Mancher hinter seine Amtsverrichtungen, gehäufte Geschäfte, und ist heimlich doch froh, immer so überlaufen zu sein, daß er nicht viel Zeit hat, das Urteil anzuhören, das ihm GOttes Wort spricht. Betrübtes Glück, das einem die Welt schaffen kann, einem eine Menge Leute auf den Hals zu jagen, vor deren Anlauf wenig gelegene Zeit übrig bleibt, an sich selbst und an seiner Seele ewige Errettung zu denken. - Nicht wollen, wo GOtt will, nicht folgen, wenn GOtt ruft, und sich bereden, man habe es doch in seiner Macht und am Schnürlein, wird Viele in die äußerste Verzweiflung vor der verschlossenen Tür stürzen. Es hat sonst nicht an gerührten Herzen gefehlt, die ihr Leben für Paulus dargeboten hätten. Aber in Felix Gesuch Geld zu geben, hat sich Niemand eingelassen. Unvermutet ging die Zeit, die Felix hatte, sein Gewissen an Paulus zu retten, herum, wie auch unsere Zeit, Gutes zu tun, unter den Händen vergeht. Und er wollte sich lieber noch die Welt durch ein Freundes = Stücklein verbindlich machen, und opferte Pauli Freiheit auf. Was läßt ein Mancher in seinem Amt und Haus hinter sich?
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